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Meiner Mutter Lydia Schwendener-Hennig

Meine Mutter Lydia Hennig (geb. am 16. Feb. 1918) war die älteste von drei Mädchen, aufgewachsen in Lutzenberg AR.
Zu ihrem 80. Geburtstag habe ich Fotos gescannt und Folien davon gemacht. Diese habe ich am Familienfest gezeigt und dazu aus dem Leben meiner Mutter erzählt. Weil ich diesen Ordner von Fotos noch auf dem Compter hatte, zeige ich hier diese Fotos. Sie lassen sich auf Klick vergrössern. (Sonntag, 7. Sept. 2008)

> zum selbstverfassten Lebenslauf meiner Mutter
> zum Schularbeit von Grosskind Julia Schwendener: Meine Oma

Internierte in Krummenau

Meine Oma Anna Oberholzer (1897-1988), die Mutter meiner Mutter, ist mit ihren Geschwistern in Tufertschwil im Toggenburg aufgewachsen. Der Vater, ein Weber, stammte aus Rüthi ZH. Anna hat in jungen Jahren in Krummenau in einem Restaurant gedient. Als Internierte aus dem 1. Weltkrieg in das Dorf kamen, hat ein junger Mann sie angesprochen: Sie werde mal seine Frau. So kam es. Die verlumpten Soldaten waren im Restaurant einquartiert. Gegen die Konkurrenz von Schweizer Offizieren hat sich Karl Hennig aus Tangerhütte bei Magdeburg durchgesetzt. Anna wurde schwanger und folge ihm nach Berlin. Er war wieder im Krieg in Russland, als dort meine Mutter Lyddia zur Welt kam.

Anna Oberhoilzer im Fenster
Das historische Bild aus Krummenau mit den Internierten, am Fenster Anna, meine Oma. Detail: Oma am Fenster, in der Mitte Karl Hennig.

Bittkau bei Tangermünde: 1918 bis 1924

bittkau bitkau velo
Das Geburtshaus meiner Mutter in Tangermünde bei Magdeburg Lydia in jungen Jahren auf dem Fahrrad in Tangermünde
     

In Tangermünde, schwanger mit ihrer zweiten Tochter, wurde meine Oma krank, war bleich und mager. Der Arzt diagnostizierte «Heimweh». So zügelte die junge Familie von Berlin zu den Eltern von Anna Oberholzer nach Tufertschwil im Toggenburg. Der deutsche Vater half im Stickereibetrieb. Die dritte Tochter Gerda wurde geboren.
Bei einem Besuch der Grosseltern aus Norddeutschland wollte meine Mutter, damals eine Erstklässlerin, mit den Grosseltern zurück nach Tangermünde – was die Eltern Anna und Karl Hennig geschmerzt hat. Drei Jahre blieb meine Mutter bei den Grosseltern und lernte in der Schule Hochdeutch. Davon schreib sie in ihrem kurzen, selbstverfassten > Lebenslauf

oma schwesstern
Anna Oberholzer-Hennig mit Tochter Lydia und Annette (1922-1986) Gerda, Lydia und Annette

Tufertschwil, Wohnort der Eltern (bis 1931?)

tufertschwil schwestern

Bei den Grosseltern in Tufertschwil im Toggenburg verbrachte meine Mutter Lydia Hennig mit ihren zwei Schwestern und den Eltern ihre weitere Kindheit.
Für den deutschen Vater war es nicht leicht, eine Arbeit zu finden und eine eigene Exstenz aufzubauen.

Der gelernte Schlosser und Spengler fand schliesslich eine Anstellung bei den Fugzeugwerken Alten Rhein. Die Familie erwarb eine Liegenschaft in Lutzenberg, die Karl Hennig eigenhändig ausbaute.

Tufertschwil, früher Duffertswil genannt. Gerda, Lydia und Annette

Jugendjahre in Lutzenberg (AR) (ab 1931?)

buchberg haus_lutzenberg familie dornier Täglich ging mein Opa Karl Hennig zu Fuss – singend –  an die Arbeit bei den Flugzeugwerken am Bodensee.
Blick von Lutzenberg auf den Buchberg Im neuen Heim in Lutzenberg AR Vater Karl Henning bei den Flugzeugwerken FFA
     
konfirmation sonntagschule reigen
Konfirmation 1934 in Thal-Lutzenberg Betreuungsaufgaben in der Schule Lutzenberg Unterwegs mit der Jungen Kirche

Für eine Berufsausbildung reichten die finanziellen Mittel der Familie nicht. Lydia konnte aber in einer Schneiderei in Thal mitarbeiten und so das Schneiderhandwerk etwas lernen. Vater Karl Hennig war immer gut befreundet mit den Pfarrern von Thal, so über Jahre mit Pfarrer Ernst Schultze (1931-1952 in Thal-Lutzenberg). Bei Pfarrer Ernst Schultze besuchte Lydia den Konfirmandenunterricht. Darüber schrieb sie in ihrem 1989 verfassten Lebenslauf: «Er hat uns einen guten Start ins Leben mitgegeben, sodass ich mich in der evangelischen Kirche sehr wohl und daheim fühlte. Meine Eltern unterstützen mich und gaben mir Halt und Freude an der Sonntagschul – und Jungen-Kirche-Arbeit.» 

Auch über Vermittlung einer Pfarrerfreundschaft kam es, dass meine Mutter mit etwa 17 Jahren von ihrem Vater Karl Hennig in den Haushalt von Pfarrer Emil Rellstab in Kloten geschickt wurde. Da «diente» sie gegen zwei Jahre, schaute den Kindern, stand am morgen früh auf, um mit Kohle zu feuern, putze und kochte …  Aus ihre Erzählungen muss die Zeit in Kloten eine ganz wichtige Episode in ihrer Biografie gewesen sein. Eine frühe Liebe aus dieser Zeit endete nach zwei Jahren Verlobung. Der stattliche Mann soll sich im Militärdienst in eine 14-Jährige verliebt haben.

Bekanntschaft und Ehe

Meine Eltern haben sich auf einer Postautofahrt nach Wildhaus zum erstem mal gesehen. Es muss etwa um 1943 gewesen sein. Beide waren unterwegs zu einem mehrtägigen Bibelkurs der Jungen Kirche, der im Zwinglihaus in Wildhaus stattfand. Meine Mutter erzählte mir, dass sie im Postauto von Buchs her mit ihrer Freundin die jungen Männer im Auto verhandelt hätten. Sie war damals etwa 25, mein Vater 24 und im Theologiestudium. In einem Interivew mit dem Grosskind Julia Schwendener erzählte meine Mutter genauer von dem Zusammenkommen mit dem Theologiestudenten Ulrich Schwendener aus Buchs. > Meine Oma Lydia Schwendener 1918-1994

kloten 1938 papa wildhaus vor_hochzeit hochzeit
Lydia Hennig als junge Frau Mein Vater Ulrich Schwendener, Zwingliheim Kurz vor der Hochzeit Hochzeit Nov. 1946


Im Pfarrhaus St.Peterzell (Sommer 1947–1956)

st Peterzell Nach seinem Vikariat bei Pfarrer Eduard Schweizer in Nesslau und einer Stellvertretung in Grabs heirateten meine Eltern 1946 in Grabs. Mein Vater wurde dann nach St.Peterzell im Toggenburg gewählt, wo alls sechs Kinder zur Welt kamen. kinder kinder
Pfarrhaus St.Peterzell Zu Besuch in Buchs zu Besuch in Lutzenberg
     
ich_mama Zu der Zeit in St.Peterzell schrieb meine Mutter in ihrem Lebenslauf:

«Zehn Jahre arbeiteten wir im schönen Toggenburg. Dankbar, für alles Mittragen der Gemeinde durften wir eine gesegnete Zeit dort verleben.»
Mama mit Andreas   Alle sechs Kinder

 

Pfarramt in Schönholzerswilen (1956 bis 1961)

schönholzerswilen «Auch hier gab es viel Arbeit für ein Pfarrehepaar. Mit Freude erfüllten wir unsere neuen und doch alten Aufgaben im Bewusstsein, nie alles getan zu haben, was von uns erwartet wurde. Doch mit der Bitte, dass Gott seinen Segen auf die
Arbeit gebe.» (aus dem Lebenslauf)
vorlesen stube
Pfarrhaus Schönholzerswilen Mama erzählt Geschichten Meine Eltern und die «Kleinen Drei» 

 

Pfarrmat in Berneck (1961 bis 1984)

berneck

«Im Frühling 1962 sind wir in den Kanton St.Gallen zurück gekehrt. In Berneck wurden wir mit unserer grossen Familie herzlich empfangen. Die Zwillinge durften die Schule in Berneck beginnen.» (aus dem Lebenslauf)

gün
Das Pfarrhaus Berneck Gün im Safiental Weihnachtsfeier 1963
     
sitzplatz

«21 Jahre waren wir in Berneck.
Viel Liebes durften wir empfangen und viel Verständnis wurde uns entgegen gebracht. Freude und Leid durften wir mit unserer Gemeinde tragen. Ich hoffe, dass Gott seinen Segen auch auf diese Arbeit gelegt hat.» (Aus dem Lebenslauf)

Sitzplatz vor dem Haus, von uns konstruiert Camping in Starigrad, Ex-Yugoslavien
     
nepal   familie
Mene Mutter und mein Vater besuchten mich 1976 in Nepal während meiner zweieinhalbjährigen Indienreise.   Geschwistertreffen in Berneck

 

Lebensabend in Buchs (1984 bis 14.Feb. 2004)

«Im August 1983 zogen mein lieber Lebensgefährte und ich in sein Elternhaus nach Buchs. Die Kinder sind in all den Jahren erwachsen geworden und ausgezogen. Mein Ueli hat noch eine neue Aufgabe übernommen: Die Anstalt Brimensberg in Pfäfers, das Heim Walenstadterberg und die vakante Gemeinde Azmoos besorgte er mit Freude. Azmoos bekam ihren Pfarrer, Walenstadterberg und Birmensberg wurde von Pfr. Steinemann übernommen, so durfte er nach 1 Jahr in Sevelen den Konfimandenunterricht und Gottesdienst besorgen.
Nun, ich hatte nicht mehr viel zu tun, und doch, eine Pfarrfrau, die mit dem Herzen dabei ist, geht mit und teilt Freud und Leid mit Patienten, Gemeindegliedern und besonders mit ihrem Gatten.
Im November 1985 brach meine Mutter den Schenkelhals, im Februar 1986 brach mein Mann das Bein und im März wurde meine Schwester sehr krank und starb am 24. Mai an Krebs.
Am 18. April 1987, am Ostersonntag starb mein Mann an Lymphdrüsenkrebs und am 25. Mai 1988 starb meine Mutter. All dies belastete mich sehr und doch wurde ich getragen durch all so viel Schweres. Gott schenkte mir viel Kraft und liebe Menschen. Ihm sei Dank für dieses gute Leben.
                                                                       Buchs, den 21.März 1989

Mein Konfirmandenspruch, der mir viel zu schaffen machte und mich begleitete durchs Leben steht in der Offenbarung, 2.Kapitel, Vers10
„Fürchte dich vor keinem Leiden. Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben!“» 

 

Noch bis zum 14. Februar, kurz vor ihrem 86. Geburtstag lebte unsere Mutter selbständig und mit grosser Zufriedenheit und Dankbarkeit in ihrem Heim an der Schulhausstrasse 24 in Buchs. Sie starb gesund und munter mitten aus dem Leben. Bruder Ulrich und seine Familie hatte sie eingeladen zu einem Geburtstagsessen ins Restaurant Taucher am Werdenbergersee. Dort erlag sie beim Essen in trauter Gemeinschaft einem Herzversagen.

Heute, an Ihrem 100. Gebutstag, habe ich diese Würdigung ihres Lebens wenigstens bis zu einem weiteren Teil verbessert und weiter ausgebaut. Ich fühlte mich dabei in tiefer Dankbarkeit und Liebe ihr und meinem Vater verbunden. (16.2.2018)