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Kurzbiographie

Mein erster Versuch zu einer «Kurzbiographie» ist misslungen. Der Text wurde länger und länger und hat nun an anderer Stelle seinen Platz gefunden(>>> siehe Lebensstationen). Diese Lebensstationen sind allerdings noch nicht bis in die Gegenwart ausgeführt. Was mehrer Jahrzehnte zurückliegt, lässt sich souveräner erinnern und beschreiben. Es hat mir sogar Freude bereitet, schreibend auf mein bisheriges Leben zurückzuschauen und mich überraschen zu lassen, was da als wichtig und erwähnenswert sich kundtut. Ich bin mir bewusst, dass eine Beschreibung des eigenen Lebens äusserst subjektiv und tendenziös ausfallen muss, zumal beim Gedanken, dass der Text öffentlich zugänglich wird. Man ringt mit seinen Eitelkeiten und momentanen Vorlieben. Trotzdem: Hier ein erneuter Versuch zu einer Kurzbiographie.

Geburt – die Einen reden vom Beginn des Lebens, andere von der Ankunft auf Erden, wieder andere vom «Geworfensein in die Welt». Allmählich dämmert ein eigenes Bewusstsein – ich meine: als Ergebnis eines Zusammenzugs, einer Konzentration, einer Ablösung aus grösseren Bewusstseinsdimensionen.
Kindheit – ich deute sie im Rückblick als ein Aufwachen zur Welt, als ein stetes Probieren, als Einüben und Ausbilden der ganzen Anlagen, des ganzen Menschseins. Wohl dem, der sich auf diesen ersten Erdenwegen von lieben Menschen begleitet findet, der Aufmerksamkeit und Geborgenheit erfährt, der die Anregungen findet, die das spezifisch Eigene wecken und anleiten. Doch ich bin überzeugt, dass auch ein schwieriges Umfeld Anreiz werden kann, seine Persönlichkeit vorzubereiten und auszubilden. Dankbarkeit erfüllt mich, wenn ich mit einigen Stichworten mein Umfeld der Kindheit umschreibe: Die Schweiz 1954, das Toggenburg, der Thurgau, das Rheintal. Ein kinderreiches evangelisches Pfarrhaus, die Mutter aus einfachen Verhältnissen, ohne höhere Bildung, aber im Glauben interessiert und gehalten, leidenschaftliche Mutter und Seele im Haus. Der Vater: Nachzügler einer kinderreichen Arbeiterfamilie, aufgewachsen im evangelisch geprägten Milieu von Buch SG, Aktivdienst während dem Studium, dann zeitlebens ein stiller Schaffer, sparsam, zuverlässig, abstinent und stolzer Vater. Den Eltern, den 5 Geschwistern, der Oma, den Verwandten, den Bekannten, dem Dorf, den Lehrern – mein Dank!
Wanderjahre: Mit diesem Rüstzeug das eigene Leben in die Hände zu nehmen, es zu gestalten – ich hatte Angst, Zweifel, Bedenken. Wenn ich bloss in diesen Schienen weiter fahre, fehlt die Weite, die Offenheit und Tiefe. Woher kam die innerliche Verweigerung, mit den ererbten Werten weiter zu gehen, mich dem vertrauten Milieu zu verweigern, nach anderen Zielen Ausschau zu halten? Ich war kein Aussteiger, kein Hippie, und doch war ich es, allerdings mit einer religiösen Note, bis zum Studienbeginn mit 28 Jahren und wohl auch darüber hinaus. Den Kontrast zum Umfeld im Elternhaus fand ich im Yoga, bei Franziskus in Assisi, in meiner Musik, im Zeichnen, mit der Indienreise, in anthroposophischen Institutionen, in der Jugendbewegung, in der Natur. Diese Wanderjahre haben mir die Erlaubnis gegeben, zur reformierten Kirche zurück zu kehren, in Basel Theologie zu studieren und den Beruf des Vaters ins Auge zu fassen.
Pfarramt: Ich war angekommen, stand selbständig im Leben, inmitten der Kirche – als Pfarrer in Bütschwil Monsnang von 1989 bis 1995. Das alte Milieu hat mich eingeholt, teils auch eingezäunt in steiniger, teils karger Landschaft. Was sollte ich hier mit meiner Vision, alles anders zu machen. Wieviel ist in diesem Beruf festgeschrieben an Verhalten, orientiert an Traditionen, bedrängt von Erwartungen! Das Rüstzeug an Weite und Offenheit, in den Wanderjahren gesammelt – kann ich es hier brauchen? Oder verkümmert die eigene Suchkraft, vergammeln die jungen Früchte? – So lieb ich die Leute, die Arbeit und das Amt gewonnen habe – irgendwie danke ich dem Schicksal, von der Praxis des Pfarrers befreit worden zu sein. Ich schien im Eigenen nicht stark genug zu sein, um dieses mit dem ererbten Protestantismus zu verbinden, zu versöhnen und Kirche aus den guten Kräften der Gegenwart neu zu erfinden, zu beleben …
Pfarrer und Redaktor: Die Wahl zum Redaktor des St.Galler Kirchenboten im Jahr 1995 erachte ich als Glücksfall meines Lebens, unverdient und aller institutionellen Logik unserer Kirche zuwider. Doch ich gebe hier mein Bestes, bin leidenschaftlich dabei und finde tiefe Befriedigung in dieser Arbeit. Sie entspricht meinem Naturell, überall meine Nase reinzustecken, bei allem Mitzuhören und Mitzureden – Freude an der Vielfalt, an der Begegnung, an der Vermittlung, der Strukturierung, der Übersicht, der ästhetischen Darstellung, der Zusammenschau. Ich bin gezwungen, meine Kirche in ihrem Verhältnis zur Bibel, zu andern Kirchen, zur Gesellschaft mit ihren Fragen, zu ihrem inneren Leben usw. … zu begleiten und in dieser Begleitung mit einer grossen Öffentlichkeit in Beziehung zu stehen. Beobachtend und beschreibend kann ich unserer Kirche mehr von dem zukommen lassen, was mich selber bewegt und umtreibt, bin da weniger von Formen und Traditionen, von Erwartungen und Strukturen eingeengt als im ausgeübten Pfarramt. Kirchenzeitungen, das ist bekannt, zeigen ein offeneres, fortschrittlicheres Bild von Kirche als in der Durchschnittsgemeinde. Der Gedanke und das Papier sind flüchtigere, darum beweglichere Elemente als die in Stein geformten Kirchengebäude und die Tradition gewordene Lebendigkeit.
Ehe und Familie: Damit ich in diesem neuen Job nicht zum Theoretiker verkomme, hat mir die Vorsehung zur rechten Zeit eine Frau mit vier Mädchen samt Heim geschenkt. Hatte ich mich nicht mehr in der Praxis des Pfarramts zu bewähren, so in dem viel elementareren Lebensfeld Ehe und Kinderbegleitung. Es waren reiche Jahre in allen Farben des Lebens. Dass ich nun nach 10 Jahren im Haus der Ehe gescheitert sein könnte, stimmt mich traurig – und ich muss mich anstrengen, mich meiner Unzulänglichkeiten zu stellen. Was ist Liebe? – So könnte ich wie Pilatus fragen. Etwas anderes ist es, Liebe zu leben – Liebe, die Mitte ist in Kirche und Ehe, wenn auch auf unterschiedliche Weise.
Kunst und Kirche: Ich will mich nicht auf alle Zeit davor drücken, selber Kirche mit zu verantworten. Ich habe immer den einen oder anderen Fuss in der Praxis behalten – über ehrenamtliche Vereinstätigkeit, Stellvertretungen, Religionsunterricht … Ich kann mir auch vorstellen, nochmals ein Pfarramt zu übernehmen. Freier, kreativer, lustvoller und vielleicht auch für die Kirche sinnvoller könnte eine spezifische, spezialisierte Arbeit sein, wo ich nicht als Allrounder tätig werde, sondern an Organen der Kirche, die meinen Gaben Raum und Entfaltung ermöglichen. Vor allem träume ich von einer ästhetischen Kirche, die durch ihre Schönheit bezaubert und heilt. Den die Kirche, die Braut Christi, ist schön; sie wird in wunderbaren Gewändern erscheinen. Bemühen wir uns um Weisheit, ihr dieses Kleid im Stillen, in hingebungsvoller Arbeit, zu weben. (Sonntag, 17. Juni 2007)