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Mein Verhältnis zu Ramakrishna

Ramakrishna habe ich nach meiner Bekanntschaft mit dem Yoga etwa 1972 kennen und schätzen gelernt. Er verkörperte für mich die radikale Suche nach Gott, das innige Verlangen, mit ihm in Gemeinschaft zu stehen. Dass er diese Praxis durch seine Beziehung zur Göttin Kali gepflegt hat, machte Ramakrishna für mich nur noch spannender und verwandter. Es heisst, dass er oft in grosser Verzweiflung umherirrte und nach Ihr suchte. Auf der andern Seite war er so offen für den Himmel, das er sich nur für die Meditation hinzusetzen brauchte, und schon war er im Zustand der Verzückung.
Er hat selber nichts aufgeschrieben, hingegen haben die Schüler seine Worte gesammelt: wunderbare Gleichnisse, Bildreden, welche von einer tiefen Kenntnis der ganzen indischen Philosophie zeugen. Er war im Gespräch mit allen Religionen. Als er einmal über längere Zeit verschwunden war, soll er heimlich ein Leben als Muslim geführt haben, um diesen Weg von Innen kennen zu lernen. Diese Tatsache hat mich tief betroffen gemacht.
Später hat man Ramakrishna «zwangsverheiratet», damit er zur Vernunft komme. Die liebe Frau hatte es nicht einfach, da er zölibatär bleiben wollte. Aber sie war seine treue Partnerin. Nur was sie kochte, hat sein Magen ertragen.
Ramakrishnas wichtigster Schüler war Vivekananda, der Denker. Er hat die Lehren des Meisters auf dem Hintergrund der indischen Religion systematisiert und wunderbar dargestellt. Seine Büchlein über die verschiedenen Arten des Yoga wirken bei mir bis heute nach. Da gibt es den Bakti-Yoga, den Weg der Gottesliebe, der völligen Hingabe – Ramakrishna war ein Kali-Bakta. Dann gib es den Raja-Yoga, den königlichen Weg der Meditation, der disziplinierten Versenkung und Übung. Weiter gibt es den Karma-Yoga, jenen der selbstlosen Hingabe und des Dienens, ohne auf die Früchte zu schauen. Und zuletzt jenen Yoga, den ich mir früh als den Meinigen ersah: den Jnana-Yoga. Das ist Gottesgemeinschaft und Gotteserkenntnis durch Denken, durch Philosophie, durch Kultivierung des Erkennens, griechisch: Gnosis.
Ramakrishna hat mit seinem Leben in mir die Gewissheit geweckt, dass Religion bei uns selber anfängt, dass unsere Gottessehnsucht, die Gottessliebe der Schlüssel für alles Weitere ist. Zufrieden spielen die Kinder mit ihren Puppen. Wenn aber endlich die Mutter kommt, werfen sie die Puppen hin und springen der Mutter in die Arme. Oh Mutter!   (im August 2007)

Die «Worte des Ramakrishna», herausgegeben von Emma von Pelet (Rotapfel-Verlag) waren über Jahre für mich eine «heilige Schrift». Diese Sammlungen von Worten sind Antworten auf reale Fragen, und in ihrer Bildhaftigkeit überzeitlich wie die Gleichnisse Jesu.

Hier einige meiner liebsten Aussprüche von Ramakrishna zum Thema: Gottesbild

53. Kleine Kinder spielen völlig zufrieden mit ihren Puppen, solange sie allein sind, doch sobald ihre Mutter hereinkommt, werfen sie die Puppe fort und laufen zu ihr hin mit dem Ruf: „Mutter! liebe Mutter!“ - Ihr seid jetzt auch - ohne in dieser Welt furchtsam oder ängstlich zu sein - mit dem Puppenspiel Reichtum, Ehre und Ruhm ernsthaft beschäftigt. Wenn ihr aber einst die Göttliche Mutter erblickt, werdet ihr keinen Gefallen an Reichtum, Ruhm und Ehre mehr finden. Ihr werdet dies alles verlassen und zu ihr hinlaufen.

92. Solange die Biene den Honig nicht kostet, umkreist sie summend die Lotusblüte, erreicht sie aber die Blüte, trinkt sie lautlos den Necktar. Solange ein Mensch um Lehre und, Dogma, um Natur und Gestalt der Gottheit streitet, hat er noch nicht vom Necktar wahren Glaubens gekostet. Sowie er es tut, wird er schweigsam.

124. Ehre beides: Geist und Form, den innewohnenden Gedanken so gut wie das sichtbare Symbol.

127. Bei einem Hausbau ist das Gerüst unentbehrlich, doch nach Beendigung des Baues hält niemand es mehr für erforderlich. So ist auch der Bilderdienst anfangs notwendig, späterhin dagegen nicht mehr.

128. Ihr spracht von „Götterbildern aus Lehm“. Auch deren bedarf es. Es gibt diese vielfältigen Formen der Anbetung, damit verschiedenartige Menschen auf verschiedenen Stufen der Erkenntnis das ihnen Gemässe haben. Die Mutter bereitet ihren Kindern die Nahrung in der Weise, dass jedes Kind erhält, was ihm gut ist. Hat sie fünf Kinder, und sie bekommt einen grossen Fisch zum Kochen, so macht sie verschiedene Gerichte daraus und gibt jedem der Kinder, was gerade ihm zuträglich ist. Dem einen gibt sie ein reiches Gericht, einem andern mit schwachem Magen nur ein wenig Suppe, und so jedem genau das, was ihm bekömmlich ist.

130. Ich liess mir einmal von einem muslimischen Lehrer den Namen Allahs als Segensspruch (mantra) geben. Ich wiederholte den Namen mehrere Tage lang, beobachtete streng die Sitten der Muslime und ass ihre Speise. Während dieser Zeit war es mir unmöglich, in den Tempel der Mutter Kali zu gehen oder den Namen hinduistischer Götter und Göttinnen auszusprechen.

182. Bevor ein König im Hause eines Untergebenen Gastfreundschaft annimmt, schickt er aus seinen eigenen Vorräten die benötigten Sitze, Schmuckstücke und Nahrungsmittel zu ihm, dass der Diener in rechter Weise seinen Herrn empfangen und ehren möge.
Ehe Gott kommt, sendet er Liebe, Erfurcht und Glauben in das verlangende Herz des Frommen.

202. Warum ist es dem Gottliebenden solches Entzücken, die Gottheit als Mutter anzureden? Weil das Kind seiner Mutter gegenüber am unbefangensten sein kann und sie deshalb mehr liebt als irgendwen sonst.

201. Ein Gelehrter fragte Ramakrishna: „In welcher Beziehung zueinander stehen Erkenntnis, der Erkennende und der Gegenstand der Erkenntnis?“ „Guter Mann“, erwiderte der Ehrwürdige (bhagavan), „ich weiss nicht von diesen Spitzfindigkeiten der Schulgelehrsamkeit! Ich kenne nur meine Mutter!“

342. Niemand kennt die Unermesslichkeit des Opfers, das Gott bringt, wenn er Mensch wird.

348. Suchst du Gott? Dann suche ihn im Menschen. Sein göttliches Wesen offenbart sich im Menschen stärker als irgendwo sonst. Sieh dich nach einem Menschen um, dessen Herz überquillt von Gottesliebe, nach einem Menschen, der trunken ist von der Liebe zu ihm. In einem solchen Menschen nahm Gott Wohnung.

349. Im Heiligen wird Gott nur teilweise offenbar wie Honig in einer Blüte. Man saugt an der Blüte und bekommt ein klein wenig Honig. Die Inkarnation ist ganz „Honig“, ganz Süssigkeit, und ganz Glückseligkeit.

351. Für gewöhnlich schöpft man das Brunnenwasser aus grosser Tiefe und mit viel Schwierigkeiten, wenn aber in der Regenzeit das Land überschwemmt ist, kann man  überall mit Leichtigkeit Waser bekommen. So ist Gott für gewöhnlich nur mit grosser Mühe durch Gebete und Kasteiungen zu erreichen, kommt aber die Flut der Inkarnation auf die Erde herab, wird Gott allüberall sichtbar.

361. Wer wirklich imstande war, eine Gestalt oder Erscheinungsweise der Gottheit wahrzunehmen, der vermag ohne Schwierigkeiten auch alle übrigen Gestalten und Erscheinungsweisen wahrzunehmen. Meine Göttliche Mutter ist das, was das Höchste Brahman, was ungeteilt Sein-Geist-Wonne ist.

371. So wie ich manchmal bekleidet und dann wieder nackt bin, so besitzt auch das Brahman manchmal Eigenschaften und dann wieder keine. Das Brahman ist in Verbindung mit Kraft (saguna-brahman) heisst Isvara oder persönlicher Gott.

381. Gott ist gestaltlos und gestaltet zugleich. Er ist auch das, was beides, Gestalt und Gestaltlosigkeit, transzendiert. Er allein weiss, was alles er ist.

384. Gott der Absolute und der persönliche Gott sind ein und derselbe. Der Glaube an den einen schliesst den Glauben an den andern in sich. So ist Feuer getrennt von seiner Brennkraft undenkbar, wie Brennkraft undenkbar ohne Feuer ist. Wiederum kann man sich die Sonnenstrahlen nicht ohne die Sonne denken, noch die Sonne ohne ihre Strahlen. Ihr könnt euch nicht die Weisse der Milch gesondert von der Milch vorstellen, noch die Milch gesondert von ihrer milchigen Weisse. So ist der Gedanke an Gott, den Absoluten, untrennbar von dem an den persönlichen Gott mit Eigenschaften, und umgekehrt.

386. Ihn sich gestaltlos vorzustellen, ist richtig. Doch gib acht, dass su dir nicht in den Kopf setzest, dieser Standpunkt sei der allein richtige und alles übrige sei falsch. Ebenso richtig ist es, Ihn als Wesen“mit Gestalt“ zu betrachten. Du musst aber an deinem besonderen Standpunkt festhalten, bis du Gottes innewirst, ihn schaust, und alles offenbar wird.

432. Solange du Person bist, dich auf der Ebene der Persönlichkeit, der Ebene des Gefühls und selbst höheren Bewusstseins befindest, muss deinem „Absoluten“ ein „Relatives“ entsprechen, deinem Unwandelbaren (nitya) das Weltspiel (lila), deiner Substanz Eigenschaften, deinem Unpersönlichen ein persönliches Wesen, deinem „Einen“ das Viele.